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Wir sollten der UBS Sorge tragen

Gastkommentar von Christian Bretscher, Geschäftsführer ZBV
(NZZ vom 30. Januar 2025, Seite 18)

Für den Finanzplatz und die Wirtschaft der Schweiz ist die UBS eine zentrale Stütze. Wir brauchen deshalb eine gezielte Anpassung der Bankenregulierung, die nicht überbordet. Und wir sollten mehr über den realen Wert sprechen, den eine Schweizer Grossbank für unser Land hat.

Die Debatte um die UBS nimmt teilweise seltsame Züge an. Unlängst gipfelte dies im Aufruf, die Schweiz sollte «die UBS ziehen lassen» (NZZ 7. 1. 25); eine Verlagerung des UBS-Hauptsitzes ins Ausland würde Vorteile für alle bringen, so die steile These in einem Gastkommentar.

Die Diskussion darüber, wie die Schweiz künftig die einzig verbliebene Grossbank regulieren soll, verdient mehr Substanz. Denn eines liegt auf der Hand: Unser Finanzplatz und unsere Wirtschaft profitieren stark von einer global ausgerichteten Schweizer Grossbank – ein Wegzug wäre ein für uns alle spürbarer Verlust.

Markenzeichen für den Finanzplatz

Der Finanzplatz Schweiz ist mit zahlreichen erfolgreichen Instituten breit abgestützt. Und doch ist die führende Stellung unseres Landes in der internationalen Vermögensverwaltung untrennbar verknüpft damit, dass unser Finanzplatz eine globale Leaderin in dieser Sparte beheimatet, die gleichzeitig für viele international ausgerichtete Unternehmen in der Schweiz erste Anlaufstelle ist.

Dies stärkt das Mitspracherecht bei der globalen Regelsetzung im Finanzbereich, zieht weitere Banken und Finanzdienstleister an und bietet jungen Talenten wichtige Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Zahlen sprechen für sich: Schweizweit ist die UBS der drittgrösste private Arbeitgeber nach Coop und Migros, mit rund 35 000 Arbeitsstellen und etwa 2300 Aus- und Weiterbildungsplätzen. Jährlich bezieht die UBS in der Schweiz für rund 4 Milliarden Franken Leistungen von Unternehmen, vom Handwerker über KMU bis zum Grosskonzern. Diesen Beitrag zur wirtschaftlichen Wertschöpfung aufs Spiel zu setzen oder gar mutwillig «ziehen zu lassen», ist mehr als fahrlässig.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Multiplikationseffekt auf dem Arbeitsmarkt. 100 Beschäftigte in der Finanzbranche schaffen 97 zusätzliche Stellen andernorts – sei es im Detailhandel, in der Gastronomie, in der Gebäudebewirtschaftung, im Kreativ- oder im Beratungsbereich. Es ist deshalb mehr als irritierend, wenn in diesem Zusammenhang leichtfertig argumentiert wird, dass mit der UBS «möglicherweise» Arbeitsplätze in der Schweiz verlorengingen, der digitale Strukturwandel aber «ohnehin» neue Chancen eröffnen dürfte.

Ersteres würde bestimmt eintreffen, Letzteres ist eine vage Erwartung und im erhofften Ausmass zumindest fragwürdig. In der Schweiz sollten wir uns an den Realitäten orientieren und uns keine Illusionen machen. Kein ausländisches Institut kann in der Schweiz wirken wie eine Bank, die hier zu Hause ist. Vor allem aber zeigt kein ausländisches Institut ein auch nur ansatzweise vergleichbares Interesse an der gesellschaftlichen Entwicklung in unserem Land.

In Zeiten akuter geopolitischer Unsicherheit wäre es ein herber Verlust, wenn sich unsere Unternehmen in Krisenzeiten blind auf das Wohlwollen ausländischer Institute verlassen müssten.

Wettbewerbsfähigkeit erhalten

In der künftigen Bankenregulierung gilt es deshalb mit Weitsicht zu agieren, sich auf wirklich griffige Massnahmen zu konzentrieren und nicht zu überborden. Der Ende 2024 veröffentlichte Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission hat bestätigt: Der Hauptgrund für das Ende der Credit Suisse waren eklatante Managementfehler über viele Jahre hinweg, die in einer Vertrauenskrise gipfelten. Dass der Credit Suisse jahrelang Ausnahmen gewährt wurden bei der Erfüllung der Kapitalanforderungen, ist erschreckend und darf sich in dieser Art nicht mehr wiederholen.

Deshalb die Kapitalerfordernisse für die UBS weiter zu verschärfen, wäre jedoch ein Fehler. Wenn es konsistent implementiert wird, verfügt die Schweiz bereits heute über eines der strengsten Kapitalregime der Welt. Werden diese Anforderungen unverhältnismässig erhöht, bescheren wir der UBS einen langfristigen strukturellen Nachteil mit negativen Folgen für ihre Stabilität und beschränken aus eigenen Stücken die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes.

Die These ist wohl nicht gewagt: Im intensiven wirtschaftlichen und geopolitischen Wettbewerb würden andere Finanzplätze noch so gerne die UBS willkommen heissen oder ihre eigenen Institute gegenüber einer in der Schweiz zurückgebundenen UBS gestärkt sehen.

Auf dem Finanzplatz Schweiz sollten wir uns dieses globale Aushängeschild mit Strahlkraft über Europa hinaus aber lieber nicht wegdenken. In der Debatte um die Bankenregulierung dürfen deshalb nicht nur die potenziellen Risiken in die Waagschale geworfen werden. Auch der reale Wert, den eine globale Schweizer Grossbank für unser Land hat, muss anerkannt werden.

NZZ Online: https://www.nzz.ch/meinung/wir-sollten-der-ubs-sorge-tragen-ld.1866966

NZZ E-Paper: https://epaper.nzz.ch/read/6/6/2025-01-30/18?signature=98c3f4fe4480509372f7f538002b6c3b743285ed832addc82880b2806f7eb65d

Pdf: https://zuercher-bankenverband.ch/zbv/assets/uploads/2025/01/Neue_Zuercher_Zeitung_20250130_Seite_18_1.pdf

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